Keine Sciece Fiction

NASA entwickelt Winterschlaf-Module für Flüge zum Mars

D. Lenz

So könnte das Winterschlaf-Modul aussehen. )skroWecapS(Foto: © 

Zwischen reiner Science-Fiction und wissenschaftlicher Umsetzung liegen manchmal nur zeitliche und/oder wirtschaftliche Faktoren. Während manche Vorstellung reine Utopie bleiben wird, gehen wiederum andere Ansätze als Möglichkeit in die wissenschaftliche Entwicklung und könnten dann tatsächlich auch realisiert werden. Im Fall der bemannten Raumfahrt zum Mars entwickelt die NASA derzeit technische Installationen, die die Besatzung während der langen Reise im Tiefschlaf halten soll.

(U.S.A.). Auch wenn die Herleitung von Spielfilmen aus dem Genre Science-Fiction eher fantastischen Ursprungs sein mag, die Menschheit rückt immer näher in Richtung bemannter Raumfahrt zu weiter entfernten Zielen als zum Mond. Die Reichweite bleibt aufgrund der technischen Voraussetzungen, vor allem aber in Anbetracht der Begrenzung des Antriebs, auf nahe Ziele in unserem Sonnensystem vorbehalten. Als nächster großer Meilenstein der Raumfahrt gilt der Mars, auch wenn die Reise dorthin viele Monate dauern wird, gibt es ernsthafte Planungen und unterschiedliche Forschungen. Ein Problem solch einer Reise besteht in der notwendigen Traglast der Rakete: Besatzung, Verpflegung und Ausrüstung sind Faktoren, die solch ein Projekt wirtschaftlich problematisch erscheinen lassen. Die NASA setzt seit der Regierung Obama den Rotstift an, auch aus diesem Grund wurde das bisherige bemannte Raumfahrt-Programm der Space-Shuttle-Reihe beendet. Doch die Zukunft sieht bereits vielversprechend aus. Schon im November dieses Jahres werden die USA wieder mit eigenen, aus der Privatwirtschaft finanzierten Raketensystemen (SpaceX und Orbital Sciences-Boing) in den Weltraum starten.

Möglichkeiten für Transport und Unterbringung für neue NASA-Missionen

Mit diesem Aufschwung werden auch Vorhaben wie die Marsflüge neu konkretisiert. Um die Kosten dafür möglichst gering zu halten, arbeitet die NASA und damit beauftragte Unternehmen an möglichen Lösungen effizienter Raumfahrt-Transport-Systeme. Die Reise zum Mars bedeutet einen hohen Aufwand an Ressourcen, eine Lösung könnte der Transport der Besatzung in einer Art von Winterschlaf oder Tiefschlaf sein. Die notwendige Technik dazu liefert womöglich das Unternehmen Physio-Control, mit dem medizinisch-therapeutischen Kühlsystem RhinoChill. Das Unternehmen ist bereits seit dem Jahr 2011 im Bereich der medizinischen Notversorgung erfolgreich aktiv und könnte diese Technik auch für die Raumfahrt zur Verfügung stellen.

 

Bei der aktuellen Ausstattung handelt es sich um ein tragbares System, das eine transnasale Kühlung des Kopfes ermöglicht. In der medizinischen Erstversorgung wird diese Technik bei Herzstillständen, Gehirnverletzungen oder anderen kritischen bzw. lebensbedrohlichen Verletzungen eingesetzt. Langjährige Studien wie die der Studiengruppe European Hypothermia After Cardiac Arrest (HACA)1, haben gezeigt, dass eine Kühlung des neurologischen Systems zu einer Stabilisierung der wichtigen Lebensfunktionen bei einer Hyperthermie führt.

Kann medizinische Erstversorgung auch für den Tiefschlaf im Weltraum eingesetzt werden?

RhinoChill funktioniert über die Zuführung durch die Nase. Eine zügig verdunstende Kühlflüssigkeit dringt in Bereiche der Nasenhöhle und bis zu Bereichen unterhalb des Gehirns vor. Dieser Bereich dient in der natürlichen Funktion der Wärmeregulierung und zum Temperaturausgleich des Gehirns. Die Verdunstung der Kühlflüssigkeit führt zu einer direkten Senkung der Hirnfunktionen, der menschliche Organismus wird in eine Art von Tiefschlaf versetzt und beruhigt. In der medizinischen Verwendung arbeitet das System batteriebetrieben. Die einzelnen Kühlflüssigkeitsbehälter müssen innerhalb kurzer Zeit ausgetauscht werden.

Auf dieser Funktionsbasis soll so ein Schlafsystem während künftiger - weit entfernter Raumfahrtexpeditionen zum Einsatz kommen. Bei der Reise zum Mars würde die Besatzung in speziellen Vorrichtungen oder Modulen einschlafen und mittels RhinoChill die Reise bis zum Zielort im Tiefschlaf unbeschadet überstehen. Weniger Platz bedeutet für die NASA auch gleichzeitig weniger Kosten. Das von der NASA beauftragte Unternehmen SpaceWorks hat ein mögliches Szenario ausgearbeitet und mittels Illustrationen und Animationen vorgestellt. Die Ergebnisse daraus zeigen Ersparnisse durch den Wegfall von: Ernährungsstationen, Gemeinschaftszonen und Bereiche für die Fitness der Besatzung. In der Ausarbeitung werden aktuelle benötigte Raumgrößen von etwa 72 qm auf etwa 32 qm reduziert.

Neben Kosteneinsparungen profitiert auch die Shuttle-Besatzung vom Tiefschlaf

Die Installation solcher Winterschlafkabinen findet in erster Linie ihre Begründung hinsichtlich wirtschaftlicher Interessen. Dadurch können derartige Projekte mitunter überhaupt erst finanziert und näher geplant werden. Dennoch bieten solche Unterkünfte auch psychologische Vorteile für die Männer und Frauen während so einer Reise. Der monatelange Flug ginge ohne spürbaren Zeitverlust vonstatten. Ansonsten bedeutet die Unterkunft innerhalb begrenzter Räumlichkeiten starke psychische Belastungen. Auch wenn die andauernde Schlafphase einen Kontrollverlust für eigene Entscheidungen bedeutet, könnte so eine Besatzungsunterbringung das große Problem der Distanzbewältigung zumindest auf mentaler Ebene erleichtern.

Mit einer schnellen Realisierung dieser aus der Medizin kommenden Technik sollte dennoch nicht gerechnet werden. Der erfolgreiche Einsatz von RhinoChill hat immerhin großes Potenzial auch auf interstellarer Ebene eingesetzt zu werden. Die Wirkungen der Flüssigkeitskühlung außerhalb der Erdatmosphäre sind bislang unerforscht, dies gilt insbesondere auch für das Verhalten in der Schwerelosigkeit im Weltraum.

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