Amakrinzellen

Nervenzellen von Fruchtfliegen arbeiten wie 1.400 einzelne Zellen

Robert Klatt

Fruchtfliegen verfügen über speziell entwickelte Amakrinzellen, um die Informationen ihrer Komplexaugen zu verarbeiten. )rekreM einafetS .rDeigoloiborueN rüf IPM(Foto: © 

Fruchtfliegen verfügen über speziell entwickelte Amakrinzellen, um die Informationen ihrer Komplexaugen zu verarbeiten. Die CT1 Nervenzellen verfügen über voneinander isolierte Zelleinheiten und können so Informationen verarbeiten, für die normalerweise 1.400 separate Zellen nötig wären.

Martinsried (Deutschland). Nervenzellen, die Input von verschiedenen Zellen erhalten, arbeiten diese Signale in der Regel nacheinander ab, um sie anschließend an die jeweils nachgeschalteten Zellen weiterzugeben. Wissenschaftler des Max-Planck-Institut für Neurobiologie haben nun entdeckt, dass die Amakrinzellen im Sehsystem von Fruchtfliegen deutlich anders funktionieren, um die Informationen der Komplexaugen der Insekten verarbeiten zu können. Facetten- beziehungsweise Komplexaugen bestehen aus einer Vielzahl einzelner Ommatidien (Einzelaugen), deren einzelne Bildinformationen zu einem Gesamtbild der Umgebung zusammengesetzt werden.

Die Komplexaugen der untersuchten Fruchtfliegen bestehen aus jeweils 700 Facetten. Laut der im Fachmagazin Current Biology veröffentlichten Studie kontaktiert die Nervenzelle CT1 mit ihren Fortsätzen jede der von den Facetten ins Gehirn abgehenden Zellsäuen. Im Gehirn kontaktiert jede der Zellen jeweils noch zwei Regionen, die dunkle und helle Bildinformationen verarbeiten. Insgesamt verbindet eine einzelne CT1 Nerzenzelle somit 1.400 Bereiche.

Unabhängige Funktionseinheiten

Dr. Stefanie Merker und Prof. Dr. Alexander Borst erklären, dass eigentlich „das System zusammenbrechen müsste.“ Dies liegt daran, dass die säulenartig angeordneten Zellen die Lichtinformationen jeweils einzelner Facetten verarbeiten und eine Vermischung der Signale dazu führen würde, dass die Bildinformationen für nachgeschaltete Zellen verloren gehen würden.

Dieses Problem konnte dadurch gelöst werden, dass jeder Kontaktbereich der CT1 Nervenzelle eine unabhängige funktionelle Einheit ist, die von anderen Einheiten elektronisch isoliert arbeitet. Informationen einer Säule werden, während sie in einer Einheit der CT1 Zelle verarbeitet werden, somit nicht vermischt und anschließend auch nur über die gleiche Säule weitergegeben. Computermodelle und Calcium-Messungen belegen, dass die Verbindungen innerhalb der Nervenzelle keine Informationen zwischen den einzelnen Einheiten weitergeben und somit die Bildinformationen der Facetten auch nicht miteinander gemischt werden.

Verbindungen mit 100 Nanometer Durchmesser

Damit zwischen den Zelleinheiten keine Informationen übertragen werden, müssen diese voneinander isoliert seien. Dies wird durch möglichst lange und dünne Verbindungen erreicht, die so den elektrischen Widerstand erhöhen. Innerhalb der CT1 Nervenzelle sind die Verbindungen zwischen den einzelnen Einheiten nur 100 Nanometer dick. Die Länge der Verbindungen ist durch den Verlauf in Schlaufen gegenüber graden Verbindungen um den Faktor zehn gesteigert. Laut Borst „wäre es noch dünner und länger im Fliegenhirn kaum möglich.“

Bisher ist ungeklärt, wieso sich CT1 so deutlich von den anderen Zellen unterscheidet. Matthias Meier erklärt, dass „der Aufbau Zellkörper spart, dies aber sicher nicht der einzige Grund seien kann, da es sonst so einen Zellaufbau öfters geben sollte.“ In folgenden Studien wollen die Wissenschaftler nun untersuchen, wie CT1 das Bewegungssehen beeinflusst.

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