Kunststoffverarbeitung

Aufschäumverhalten von Polyurethan-Schäume verlässlich simulieren

D. Lenz

Forscher haben das komplizierte und zeitaufwändige Testverfahren für Polyurethan-Schäume revolutioniert. )PUORG CETYLOP(Foto: © 

Polyurethan-Schäume werden oftmals in Autositzen, Dämmstoffen oder Matratzen verwendet. Da der Aufschäumprozess der flüssigen Polymer-Emulsionen jedoch sehr komplex ist, konnte es bisher immer geringe Abweichungen im Endprodukt geben. Forscher des Fraunhofer-Instituts ist es nun erstmalig gelungen, dieses Aufschäumverhalten zuverlässig zu simulieren.

Kaiserslautern (Deutschland). Auch wenn wir es uns nicht bewusst sind, Polyurethan-Schäume (kurz PU-Schaum) spielen eine wichtige Rolle in unserem Alltag. So bestehen beispielsweise viele Autositze oder gepolsterte Bürostühle oder Matratzen aus weichen Polyurethan-Schäumen. Aber auch in Dämmstoffen für Gebäude kommt der PU-Schaum zu Einsatz – wenn auch als sogenannter harter PU-Schaum.

Für die Industrie ist es wichtig, dass Aufschäumverhalten von PU-Schäumen treffsicher vorherzusagen und sie zu charakterisieren. Experimentelle Untersuchungen führten bisher jedoch oftmals zu fehlerhaften Parametern.

Neue PU-Produkte besser planbar

Für produzierende Unternehmen mit modernen Polyurethan-Maschinen stellt sich immer noch die Frage, wie sich das Ausgangsmaterial genau in den Schaum umsetzt und welche Eigenschaften dieser besitzt. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern können diese Fragen nun verlässlich beantworten. So erhalten produzierende Unternehmen mit PU-Schaum-Produkten eine zuverlässige Charakterisierung der von ihnen verwendeten Polymere – was die Planung mit neuen Produktlinien deutlich vereinfacht.

Um das bisherige Problem etwas zu veranschaulichen, nehmen wir einen Autositz als Beispiel. In diesem sollen einige Sitzregionen fester sein als andere. Um dies zu erreichen, verwenden die Hersteller unterschiedliche Schäume mit verschiedenen Eigenschaften. Dazu dient ein flüssiges Polymergemisch als Ausgangsmaterial, das dann in die gewünschte Form gespritzt wird. In Sekundenschnelle beginnt jetzt ein chemischer Prozess, der die verschiedenen flüssigen Emulsionen in einen komplexen Polymerschaum umwandelt. Aber wie genau schäumen die zwei verschiedenen Ausgangsstoffe aus, besitzen sie immer noch die gewünschten Eigenschaften und haben sie sich wie gewünscht, in die vorgesehenen Sitzregionen verteilt?

„Statt wie bisher bei der Chemie anzusetzen und alle Parameter wie Reaktionsraten und Viskosität experimentell zu bestimmen, machen wir zwei, drei einfache Experimente – etwa das Aufschäumen im Becherglas. Diese Experimente simulieren wir eins zu eins am Computer. Diese bilden die Basis zur Ermittlung der notwendigen Modellparameter, die zum Berechnen des Aufschäumverhaltens nötig sind. Die darauf basierenden Simulationen mit dem Simulationstool FOAM sind robust und die Ergebnisse für den Anwendungsfall verlässlich“, so Dr. Konrad Steiner, Abteilungsleiter am Fraunhofer ITWM. Auf diese Weise ist es den Forschern möglich, ohne viel Aufwand verlässliche Daten über den Aufschäumprozess in kurzer Zeit zu liefern.

Bei neuen Produkten ändern sich meistens nur die Kombination der Schäume sowie die Form der Teile. Ist ein Schaum einmal durch das Simulationstool FOAM charakterisiert, so lassen sich neue Mischungen und Formen sehr schnell charakterisieren. Das Verfahren wird seit kurzem bereits von mehreren Herstellern von Polyurethan-Produkten erfolgreich benutzt.

Polyurethan-Schäume mit Verbundwerkstoffe

Auch bei der Herstellung von Verbundwerkstoffen setzen produzierende Unternehmen oftmals auf Polyurethan-Schäume. So beispielsweise bei einigen Trägerteilen im Auto, die zum einen stabil und zum anderen leicht sein sollen. Durch die Kombination mit anderen Materialien verändert sich allerdings das Strömungsverhalten der Polymer-Emulsionen. Dadurch kann beispielsweise das Aufschäumverhalten beeinflusst werden, wodurch die Blasen im Schaum an einer Stelle kleiner und an einer anderen Stelle größer werden.

In Zusammenarbeit mit Forschern der Technischen Universität Chemnitz haben die Forscher des Fraunhofer-Instituts erstmalig eine Simulation für PU-Schaum in Kombination mit Verbundwerkstoffen entwickelt. So lässt sich jetzt der Strömungswiderstand genau ausrechnen und simulieren. Bisher mussten die Hersteller solcher Produkte mit zahlreichen Proben ausprobieren, welche Einstellung das gewünschte Ergebnis mit den gewünschten Eigenschaften liefert. In der Praxis können solche Tests mehrere Wochen oder gar Monate dauern. Die neue Simulation liefert bereits nach etwa zwei Tagen verlässliche Ergebnisse.

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