1.411 Substanzen gefunden

Giftige Chemikalien in fast allen Plastikverpackungen gefunden

Robert Klatt

1.411 potentiell gefährliche Substanzen in Plastikprodukten gefunden )moc.yabaxipoellu(Foto: © 

In Deutschland enthalten drei Viertel aller Plastikprodukte Chemikalien, die potenziell für die Gesundheit des Menschen gefährlich sind. Auch in Bioplastik wurden gefährliche Substanzen entdeckt.

Frankfurt am Main (Deutschland). Spanische Wissenschaftler haben erst kürzlich nachgewiesen, dass auch in Babykleidung der Weichmacher Bisphenol A (BPA) verwendet wird. Auch in Deutschland wird die Chemikalie, die weil sie in den Hormonhaushalt des Menschen eingreifen kann von der Medizin als gesundheitsgefährdend angesehen wird, in vielen Kunststoffprodukten wie zum Beispiel Plastikflaschen eingesetzt. Wissenschaftler des Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) haben aus diesem Grund untersucht mit welchen Chemikalien Plastik- und Kunststoffprodukte des Alltags belastet sind.

Carolin Völker, Co-Autorin der im Fachmagazin Environmental Science & Technology publizierten Studie erklärt, dass „in dem komplexen Herstellungsprozess von Kunststoffen ein regelrechter Cocktail an Substanzen entsteht, von denen wir einen Großteil überhaupt nicht kennen.“ Dies liegt hauptsächlich daran, dass je nach Verwendungszweck dem Plastik neben Weichmachern noch weitere Zusatzstoffe wie Stabilisatoren und Farbstoffe beigemischt werden.

34 Alltagsgegenstände aus Plastik analysiert

Im Zuge der Studie haben die Wissenschaftler 34 Alltagsgegenstände aus Kunststofftypen wie PET, PVC und Polyurethan (PUR) untersucht. Dazu gehörten Plastikflaschen, Gefrierbeutel, Shampoobehälter und Joghurtbecher. Zur Untersuchung der Inhaltsstoffe wurden die einzelnen Substanzen im Labor herausgelöst, um sie im Anschluss an Zellkulturen auf gesundheitsschädliche Effekte zu untersuchen. Es wurden dabei 1.411 unterschiedliche chemische Substanzen gefunden.

Laut Lisa Zimmermann, Autorin der Studie „fanden die Wissenschaftler in drei von vier getesteten Produkten schädliche Substanzen.“ Ein Großteil der Produkte enthält also Inhaltsstoffe, die oxidativen Stress verursachen, hormonähnliche Effekte auslösen oder toxisch auf die Zellen wirken. Teilweise lösen die in einem Produkt enthaltenen Stoffe auch eine Reihe der unerwünschten Nebenwirkungen aus.

Bioplastik ebenfalls mit Chemikalien belastet

Überraschenderweise fanden die Wissenschaftler der Goethe-Universität sogar in Bioplastik eine Reihe schädlicher Chemikalien. Im Durchschnitt enthielten Produkte aus den Kunststoffen PVC und PUR aber am meisten unterschiedliche Chemikalien.

Die hohe Anzahl von 1.411 gefunden Substanzen ist ein Problem, da wie Zimmermann erklärt davon lediglich 260 Substanzen zweifelsfrei im Labor erkannt werden konnten. Die Studienleiterin erklärt daher, dass „die Wissenschaftler zum Großteil nicht wissen, womit sie es in den Kunststoffprodukten zu tun haben.“ Es ist daher praktisch unmöglich zu ermitteln, welche Risiken für den Menschen und die Umwelt von diesen Inhaltsstoffen ausgehen.

Gesundheitsrisiken nicht bestimmt

Handlungsempfehlungen für Verbraucher lassen sich aus den Studienergebnissen laut dem nicht an der Studie beteiligten Toxikologen Wolfgang Dekant von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg nicht ableiten. Wie er erklärt „sagen die Toxizitäts-Prüfungen nichts über eventuelle Gesundheitsrisiken etwa bei Verzehr von verpackten Lebensmitteln aus. Gesundheitsrisiken sind abhängig vom Übergang der Inhaltsstoffe des Kunststoffs in das verpackte Lebensmittel und dem Ausmaß des Verzehrs des spezifischen Lebensmittels.“

Zimmermann hingegen fordert, dass „solche Chemikalien trotzdem nicht in Kunststoffen vorkommen sollten, auch wenn bisher nicht bekannt ist, wie sie sich auf unsere Gesundheit auswirken.“ Die Studienautoren verlangen daher von der Politik eine strengere Regulierung der Hersteller von Plastikprodukten. Diese sollten "verbindliche auflagen erhalten", die die Inhaltsstoffe transparent machen und die die Unbedenklichkeit ihrer Produkte garantieren sollen.

Environmental Science & Technology, doi: 10.1021/acs.est.9b02293

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