Hoffnung für Komapatienten

Bewusstsein von Wachkomapatienten nach 15 Jahren reanimiert

D. Lenz

Medizinern ist es gelungen, das Bewusstsein eines Patienten, der seit 15 Jahren im Wachkoma liegt, erfolgreich zu reanimieren. )ygoloiB tnerruClozzaroC(Foto: © 

Mediziner reanimieren das Bewusstsein eines Wachkomapatienten nach 15 Jahren. Vielversprechende Erkenntnisse bieten einen Ansatz zur Entwicklung gezielter Therapieansätze für Betroffene.

Lyon (Frankreich). Den Lyoner Ärzten gelang erstaunliches: Durch gezielte Stimulation des Bewusstseinszentrums verbesserte sich der Zustand eines seit bereits 15 Jahren im Wachkoma befindlichen Patienten deutlich. Die Mediziner widerlegen die Annahme, dass ein langwährendes Wachkoma zwangsläufig zu irreversiblen Schädigungen führt. Dank der vielversprechenden Erkenntnisse und Ergebnisse hoffen die Mediziner nun, umfangreichere Fallstudien zu untersuchen und möglicherweise gezielte Therapieansätze zu entwickeln.

Mittels gezielter Nervenstimulation ist es Medizinern gelungen, das Bewusstsein eines Wachkomapatienten nach 15 Jahren wieder zu erwecken. Das Studienergebnis widerlegt klar die bisherige Annahme, dass ein mehr als 12 Monate andauerndes Wachkoma zwangsläufig zu einem irreversiblen Zustand des Patienten führt.

Komapatienten reagieren unempfänglich auf äußere Reize und befinden sich in einer Form des Schlafzustandes. Wachkomapatienten hingegen sind wach, zeigen aber keinerlei Anzeichen für eine Wahrnehmung ihrer Umwelt oder verfügen über kognitive Funktionen.

In einigen wenigen Fällen gelingt es Medizinern, den Patienten in einen Zustand minimalen Bewusstseins zu versetzten. Bislang galt aber die allgemeine Annahme, dass ein Wachkomazustand von mehr als 12 Monaten irreversible Schädigungen verursacht.

Das Team um Angela Sirigu und Martina Corazzol des Lyoner Instituts Sciences Cognitive berichtet im Fachjournal Current Biology Gegenteiliges. Bereits einen Monat nach Therapiebeginn zeigte der Patient deutliche Verbesserungen. Es ließen sich früh Anzeichen dafür erkennen, dass das vollständige Wachkoma sich in einen Zustand entwickelt, in welchem der Patient minimale Anzeichen von Bewusstsein (minimally conscious state) zeigt.

Der aktuelle Fall befasst sich mit einem 35-jährigen Mann, der sich aufgrund massiver Hirnverletzungen seit bereits 15 Jahren im Zustand des Wachkomas befand. Frühere Untersuchungen zeigten, dass eine Reizung des Vagus eine Stimulation des für die Koordination sensorischer Signale verantwortlichen Thalamus auslöste.

Die Ärzte stimulierten den Vagusnerv, als eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Kopf und Körper, mittels leichten elektrischen Impulsen. Hierbei lag der Focus auf der genauen Beobachtung der Reaktionen und des Verhaltens des Patienten; die Hirnaktivität wurde mittels EEG- und PET-Scans aufgezeichnet. Die Mediziner steigernten kontinuierlich die Stimulationsintensität und erreichten nach vier Wochen eine Reizstärke von einem Milliampere. Zu beobachten waren Anzeichen einer steten Verbesserung in den Bereichen Erregung, Beweglichkeit, Aufmerksamkeit und visueller Aufmerksamkeit.

Laut Studie zeigte der Patient nach 15 Jahren messbare und stetige Anzeichen eines Wachbewusstseins und sein Zustand wurde vom Wachkoma in den eines minimalen Bewusstseins hochgestuft. So reagierte der Mann erstmals wieder auf einfache Befehle, konnte ein Objekt mittels Blick verfolgen und seinen Kopf auf Nachfrage hin eigenständig wenden. Anhand der EEG- und PET-Scans ließ sich bestätigen, dass eben diese Hirnregionen, welche allgemein als Marker für ein Wachbewusstsein stehen, eine stetige Hirnaktivität aufwiesen.

Die Mediziner und Autoren der Studie erklären, dass die Ergebnisse die allgemeine Annahme wiederlegen, dass der Zustand des Wachkomas nach einem Zeitraum von mehr als zwölf Monaten zwangsläufig eine Irreversibilität zur Folge hat. Zu bedenken geben die Autoren, dass sie erst am Anfang stehen und eine erfolgreiche Einzelfallstudie noch keinen allgemein anwendbaren Therapieansatz darstellt.

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