Krebsmittel OTS964

Krebsmittel zerstört Lungenkrebs vollständig

D. Lenz

OTS964 hindert Krebszellen an der vollständigen Zellteilung. )htlaeH fo setutitsnI lanoitaN(Foto: © 

US-Amerikanische Forscher führen derzeit Studien mit dem experimentellen Krebsmittel OTS964 und der idealen Verabreichung durch. Bei Mäusen könnten sie mit menschlichen Tumorzellen bereits grandiose Erfolge feiern: Innerhalb von nur zwei Wochen lösten sich bei allen Tieren die Tumore komplett auf.

Chicago (U.S.A.).In welcher Form ein Medikament gegen Krebs verabreicht wird, kann darüber entscheiden, ob Krebstumore nur schrumpfen oder sogar ganz verschwinden. Vor knapp zehn Jahren haben japanische Forscher ein Enzym entdeckt, welches Krebszellen in großer Menge benötigen um sich zu vermehren. Nur eins von über 300.000 getesteten Hemmstoffen des Enzyms blockierte zwar im Tierversuch das Krebswachstum, nahm aber negativen Einfluss auf die Bildung von Blutzellen.

Doch chemisch verändert und in kleine Fettkügelchen eingeschlossen, hat sich der Hemmstoff nun als deutlich effektiver und wesentlich verträglicher erwiesen, berichten die Forscher im Fachmagazin Science Translational Medicine. Sie verabreichten das experimentelle Krebsmittel OTS964 Mäusen in Form von Injektionen oder mit dem Futter. Die Forscher waren überrascht: Das Krebsmittel zerstörte binnen weniger Tage aggressivste Lungentumore vollständig und verursachte dabei nur leichte vorrübergehende Nebenwirkungen. Die Forscher glauben, dass der Hemmstoff auch gegen schwer therapierbare Formen von Brustkrebs und anderen Krebsarten wirksam ist. Zunächst sind aber die Ergebnisse der klinischen Studien abzuwarten, die im Jahr 2015 beginnen sollen.

Programmierter Zelltod der Krebszellen

Yusuke Nakamura, einer der Forschungsleiter der University of Chicago: „Es gibt viele Wirkstoffe, die Krebswachstum unterdrücken können, aber es ist ungewöhnlich, wenn Tumoren völlig verschwinden.“ Das experimentelle Krebsmittel OTS964 blockiert das Enzym TOPK, das für die letzte Phase der Zellteilung unentbehrlich ist. „Ohne TOPK können sich die zwei neuen Zellen nicht ganz voneinander trennen. Sie bleiben über eine winzige Brücke verbunden”, so Nakamura.

Wenn die Zellverbindung dann bricht, löst dies den programmierten Zelltod aus. Im Gegensatz zu normalen Körperzellen produzieren die Zellen schnell wachsender Krebstumore übermäßig viel TOPK und werden deshalb durch den Hemmstoff abgetötet. Brust- und Lungenkrebspatienten haben eine umso geringere Lebenserwartung, je stärker die TOPK-Produktion der Krebszellen ist.

OTS964 hat Einfluss auf die Blutbildung

In den ersten Versuchen mit Mäusen beobachteten die Forscher jedoch, dass die Behandlung mit OTS964 auch die Blutbildung negativ beeinflusst. Die Mäuse bildeten zu wenige weiße und rote Blutkörperchen und zu viele Blutplättchen.

Anstatt des reinen Krebsmittels verabreichten die Forscher den Mäusen den Wirkstoff in Form von Liposomen, also kleinen Lipidhüllen in denen der Wirkstoff eingeschlossen ist. Dabei sank lediglich die Zahl der weißen und roten Blutkörperchen – doch diese hat sich bereits nach zwei Wochen wieder normalisiert. Mit der optimierten Verträglichkeit verbesserte sich zudem auch die Wirkung von OTS964.

Sechs Mäuse mit menschlichen Lungentumoren wurden drei Wochen mit jeweils zwei wöchentliche Injektionen mit dem Krebsmittel behandelt. Nach 21 Tagen waren fünf der sechs rosinengroßen Tumore ganz verschwunden.

In einer zweiten Versuchsreihe, in der das Krebsmittel in Form von Liposomen über zwei Wochen täglich dem Futter beigemischt wurde, verschwanden alle sechs Krebstumore: Heilungsqoute 100 Prozent!

Aktuelle Untersuchungen an Zellkulturen ergaben, dass das Krebsmittel OTS964 wahrscheinlich auch gegen andere Krebsarten wirksam sein könnte. So zeigten auch die meisten der 30 darauf geprüften Kulturen von therapieresistenten Brustkrebszellen eine stark – im Durchschnitt um das 14-fache – erhöhte TOPK-Produktion. Ähnliches gilt für Krebstumoren von Blase, Gehirn und Leber, berichten die Forscher. Sie erklären die verstärkte Wirksamkeit bei Verwendung von Liposomen damit, dass der auf diese Weise eingesetzte Hemmstoff in höherer Konzentration in das Tumorgewebe gelangt. Die jetzt geplanten klinischen Studien sollen zunächst die Verträglichkeit des Krebsmittels bestätigen, bevor dann auch der Therapieerfolg am Menschen geprüft werden kann.

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