Früherkennungsverfahren

Urintest für Zuhause erkennt Prostatakrebs ohne Abtastuntersuchung

Robert Klatt

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Ein neuer Urintest erkennt Prostatakrebs anhand von Biomarkern zuverlässig und kann Abtastuntersuchungen beim Arzt ersetzen. Außerdem zeigt das neue Verfahren bereits fünf Jahre früher als aktuelle Methoden, ob eine aggressive Form des Prostatakrebs vorliegt.

Norwich (England). Laut der Deutsche Krebsgesellschaft e. V. ist Prostatakrebs mit einem Anteil von einem Viertel die häufigste Krebserkrankung von Männern in Deutschland. Bisher wird diese Erkrankung, die durch eine Veränderung an den Genen ausgelöst wird, entweder durch Tastuntersuchungen oder den in der Medizin umstrittenen PSA-Test erkannt. Wissenschaftler der University of East Anglia in Norwich haben nun im Fachmagazin BioTechniques eine neue Methode vorgestellt, die es ermöglicht Prostatakrebs per Urintest zu erkennen.

Laut Jeremy Clark, Autor der Studie „entwickelt sich Prostatakrebs meist langsam.“ Bei einem Großteil der ohnehin oft schon sehr alten Patienten ist deshalb laut ihm „wahrscheinlich nie eine Behandlung nötig.“ Es gibt jedoch auch besonders aggressive Form dieser Tumorerkrankung, für deren Verlauf eine rechtzeitige Diagnose durch einen Arzt unerlässlich ist. Aktuell erfolgt dies oft deutlich zu spät, weil das bisher dafür notwendige Abtasten der Prostata von vielen Männern abgelehnt wird.

Biomarker zeigen Krebszellen

Der neue Urintest der englischen Wissenschaftler erkannt Prostatakrebs anhand von RNA-Molekülen. Diese Biomarker kommen in den Krebszellen der Prostata verstärkt vor und zeigen auch, ob der Krebs eher aggressiv oder harmlos einzustufen ist. Wie Clark erklärt, „untersuchen diese Tests die Genexpression und können Informationen darüber liefern, ob der Krebs aggressiv oder eher harmlos ist.“ Zuvor gab es zwar schon Urintests, die dies auch anzeigen konnten, diese funktionierten aber nur, wenn ein Arzt zuvor die Prostata abgetastet hat, weil dies die Aktivität der Prostatasekretion erhöht und somit die Konzentration der Biomarker im Urin steigert.

Stattdessen nutzt der neue Urintest für Zuhause den Vorteil des Morgenurins, in dem sich während des Schlafs vermehrt Biomarker ansammeln. Eine Erkennung von Krebszellen soll laut den Wissenschaftler so auch ohne Stimulation der Prostata möglich sein.

Bessere Ergebnisse als ärztliche Untersuchung

In einer Pilotstudie mit 14 Probanden untersuchten die Wissenschaftler, ob der einfach anzuwendende Urintest so genaue Ergebnisse liefert wie eine ärztliche Untersuchung. Dazu erhielten die Teilnehmer ein Urinsammel-Kit, mit dem sie zu Hause untersuchen konnten, ob es Anzeichen für Prostatakrebs gibt. Um Vergleichswerte zur erhalten, wurden die Probanden noch von einem Arzt mit der gängigen Abtastbehandlung untersucht. Es zeigte sich dabei, dass die Anzahl der Biomarker im Morgenurin und nach der Stimulation der Prostata nahezu identisch sind.

Laut Clark „zeigen die hause genommenen Urinproben bestimmte Biomarker für Prostatakrebs allerdings sogar deutlicher an.“ Die Probanden gaben überdies an, dass die Untersuchung zu Hause und ohne Arzt als deutlich angenehmer empfanden. Die Entwickler des Urintests in dem Früherkennungsverfahren mehrere Vorteile. Einerseits können so Männer erreicht werden, die bisher Abtastuntersuchungen vermieden haben, anderseits können Männer, die bereits unter Prostatakrebs leiden mit dem neuen Test die regelmäßig zur Beobachtung nötigen Kontrolluntersuchungen ersetzen.

Prognose des Krankheitsverlaufs

Die Ergebnisse der Pilotstudie zeigen außerdem Indizien dafür, dass die auch die Aggressivität des Krankheitsverlaufs durch den Urintest zuverlässig erkannt werden kann. Laut den Wissenschaftlern kann so bereits fünf Jahre früher als mit aktuell genutzten Methoden erkannt werden, ob der Patient eine Behandlung benötigt. Clark konstatiert, dass „der Test das Potenzial hat, uns zu sagen, ob der Patienten eine Behandlung benötigt.“ In Zukunft könnten so Überdiagnosen, die in unnötigen Untersuchungen und Behandlungen enden, vermieden werden.

In ihrem Fazit schreiben die Forscher, dass „ihre Ergebnisse zeigen, dass der Urintest für Zuhause eine machbare und einfache Option ist.“ Weitere Studien mit deutlich mehr Probanden sollen nun die vorläufigen Ergebnisse bestätigen. In der klinischen Praxis könnte der Urintest in etwa zehn Jahren genutzt werden. Außerdem könnte die Methode auch genutzt werden, um weitere Krebsarten zu erkennen. Dazu gehören laut den Studienautoren „mit Harn Verbindung stehende Tumore eignen – etwa Blasen- und Nierenkrebs.“

BioTechniques, doi: 10.2144/btn-2019-0092

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