Segen oder Albtraum?

Auswirkungen des Tourismus auf die Stadt Hamburg

D. Lenz

Hamburg zählt mit zu den beliebtesten Städten Deutschlands. Doch die Touristen sind nicht überall gerne gesehen. )yabaxipnnamgreBnetsraK(Foto: © 

Der Tourismus ist Hamburgs zweitgrößter Wirtschaftssektor. Trotzdem wünschen sich viele Bewohner, dass weniger Besucher in die Hansestadt kommen würden.

Hamburg (Deutschland). Hamburg gehört in Deutschland neben München und Berlin zu den beliebtesten Zielen in- und ausländischer Touristen und Geschäftsreisender. Laut einer Studie der Hamburg Tourismus GmbH (HHT) stieg die Anzahl von Übernachtungen aus dem Inland im Zeitraum von 2006 bis 2016 um 79 Prozent auf 10,05 Millionen. Im selben Zeitraum stieg auch die Anzahl Übernachtungen von ausländischen Gästen die in Hamburg um 110 Prozent auf 3,28 Millionen. Dazu kamen noch 171 Kreuzfahrtschiffe, die Hamburg tageweise anlaufen sowie 16,22 Millionen Fluggäste, die ebenfalls teilweise einen kurzen Aufenthalt in der Stadt verbringen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer lag bei 2,0 Tagen. Noch beeindruckender ist die Anzahl an Tagesgästen von denen Hamburg in nur einem Jahr 18 Millionen empfangen hat. Dies entspricht einem Anteil von 20 Prozent aller Tagesgäste in Deutschland. Direkt und indirekt sind die Arbeitsplätze von rund 100.000 Hamburger Bürgern inzwischen von Tourismus abhängig.

Auswirkungen auf die Stadt umstritten

Insgesamt wurden laut dem Bericht "Wirtschaftsfaktor Tourismus" im Jahr 2014 rund 11,56 Milliarden Euro durch Touristen ausgegeben. Ein durchschnittlicher Tagestourist kam dabei auf 38,30 Euro, ein Großteil der Einnahmen wurde durch Übernachtungsgäste erzielt, die durchschnittlich 210,50 Euro in der Stadt ausgaben.

Der boomende Tourismus sorgt damit nicht nur bei Hotels, Restaurants und dem Einzelhandel für starke Umsätze, sondern sorgt auch dafür, dass andere Branchen in der Hanse Stadt Hamburg, die von vielen Besuchern gedanklich immer noch mit der Reeperbahn und den dort arbeitenden Damen in Verbindung gebracht wird, wie beispielsweise Begleitdienstleistungen für allein reisende Geschäftsleute enorm davon profitieren. Verantwortlich dafür sind vor allen die rund drei Millionen Übernachtungen aus dem Wirtschaftsbereich Meetings, Incentives, Conventions und Events (MICE), der für finanzstarke Besucher sorgt, die in ihrer Freizeit die Gesellschaft einer attraktiven und kultivierten Begleitung schätzen.

Trotz der auf den ersten Blick positiven Entwicklung sehen viele Einwohner diese Entwicklung als problematisch an.

Steigende Wohnraumpreise und zweckentfremdete Immobilien

Neben den Auswirkungen auf das Klima und die Luftverschmutzung, die vor allem durch den Luftverkehr und die Kreuzfahrtschiffe verursacht wird, sind die steigenden Wohnraumpreise und die Zweckentfremdung von Wohnraum in der Kritik.

Die LBS Bausparkassen berichteten, dass in nur einem Jahr der Preis für Wohnimmobilien um mehr als 10 Prozent gestiegen ist. Jens Grelle, Vorstandsvorsitzender der LBS sagte dazu, dass in Hamburg "eine hohe Nachfrage auf ein knappes Angebot trifft und die Preise weiter steigen werden". Neben Investoren aus dem Finanzsektor sind dafür vor allen Touristen verantwortlich, die in den letzten Jahren vermehrt auch in privat angebotenen Wohnungen übernachten.

Da viele Eigentümer inzwischen aufgrund der wesentlich höheren Preise ihrer Wohnungen vermehrt über Portale wie Airbnb an Touristen anbieten, anstatt sie an Einwohner der Stadt zu vermieten, macht sich die zusätzliche Konkurrenz auf dem ohnehin schon überhitzen Wohnungsmarkt deutlich bemerkbar. Aus diesem Grund hat der Hamburger Senat am 22. August entschieden, dass für die Zweckentfremdung von Wohnraum die maximale Bußgeldhöhe von 50.000 auf 500.000 Euro erhöht wird. Als zweckentfremden gelten in Hamburg alle Wohnungen die länger als acht Wochen pro Jahr an Touristen vermietet werden. Außerdem sieht die Neuregelung vor, dass Vermieter ihre Wohnungen registrieren müssen und eine Wohnraumschutznummer vorhanden seien muss.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) möchte durch die Entscheidung die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt entschärfen. Laut ihnen ist das Ziel "kein Krieg gegen Airbnb", sondern eine Verhinderung "des Missbrauchs von Wohnraum". Vor wenigen Monaten hat auch München eine ähnliche Regelung auf den Weg gebracht.

Entwicklung wie in Barcelona?

Barcelona das im Verhältnis zur Einwohneranzahl noch mehr Touristen beherbergt als Hamburg zeigt die negativen Seiten der Besucheranstürme schon jetzt. Proteste gegen die „Touristifizierung“ des Wohnraums und Plakate mit Sprüchen wie „Tourist go home!“ gehören dort bereits zum Alltag.

Ob es auch in Hamburg zu overtourism, also zu vielen Touristen kommen wird oder ob der Senat durch neue Regelungen wie das Zweckentfremdungsgesetz einen Kompromiss zwischen Bewohner, die sich verdrängt fühlen und dem wichtigen Wirtschafsfaktor Tourismus schaffen kann ist fraglich, da nur 240.000 von insgesamt 104,7 Millionen Aufenthaltstage auf Privatvermieter wie AirBnb entfallen. Um gegen die Wohnraummangel vorzugehen und das Wohnen in der Stadt auch für Normalverdiener weiter bezahlbar zu machen sind laut einer Studie auch Maßnahmen gegen den Neubau großer Hotelkomplexe nötig, von denen allein 2018 14 in Hamburg neu errichtet wurden.

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